Die Zauberer sagen, der Tod ist der einzige würdige Gegner, den wir haben. Der Tod ist ein Herausforderer. Um seine Herausforderung anzunehmen, sind wir geboren – ob Durchschnittsmensch oder Zauberer. Die Zauberer wissen davon; die Durchschnittsmenschen nicht.

Carlos Castaneda VIII 115

Zitate Don Juan

Oft treffen wir auf gute Aussagen, die viel Wahrheit enthalten und mit nur wenigen Worten den Kern einer Wahrheit beschreiben. Die hier gesammelten Zitate drücken mehr oder minder die Lebensweisheit des toltekischen Weges aus. Es sind sogenannte „Kraftaussagen“ die ein Verstehen ermöglichen und eine Veränderung unseres Lebensgefühls bewirken können.

Die Zitate von Don Juan sind teilweise mit den Buchnummern in Reihe der Erscheinungsweise der Bücher und Seitenzahlen versehen. Also zum Beispiel „Reise nach Ixtlan“ = Buch 3, Seite 62, also III/62 .

Armut
Arm und bedürftig zu sein, ist nur ein Gedanke; genau wie hassen oder hungrig sein oder Schmerz leiden. Für mich sind sie jetzt nur noch Gedanken. Das habe ich erreicht. Die Macht, das zu tun, ist das einzige, bedenke es, was wir den Kräften unseres Lebens entgegensetzen können. Ohne diese Macht sind wir Spreu, Staub im Wind. Es bleibt jedem von uns überlassen, den Kräften unseres Lebens Widerstand zu leisten. Ich habe es dir unzählige Male gesagt: Nur ein Krieger kann überleben. Ein Krieger weiß, daß er wartet und worauf er wartet. Und während er wartet, begehrt er nichts, und so ist das Geringste was er erhält, mehr als er annehmen kann. Wenn er essen muß, dann findet er eine Möglichkeit, weil er nicht hungrig ist; wenn seinem Köroper etwas zustößt, dann findet er Abhilfe, weil er keine Schmerzen spürt. Hungrig sein oder Schmerzen leiden, bedeutet nur, daß der Mann sich aufgegeben hat und nicht mehr ein Krieger ist, und dann werden die Kräfte seines Hungers und der Schmerzen in zerstören. II 121

Aufrechterhalten der Welt
Ich will dir sagen, worüber wir mit uns sprechen. Wir sprechen über unsere Welt. Tatsächlich halten wir unsere Welt mit unserem inneren Gespräch aufrecht.

Beharrlichkeit
Es ist möglich zu beharren, stur zu beharren, auch wenn wir wissen, daß es sinnlos ist, was wir tun. Allerdings müssen wir dabei im voraus wissen, daß unser Tun sinnlos ist, und dennoch so handeln, als wüßten wir es nicht. Das ist die kontrollierte Torheit eines Zauberers.

Die Beschreibung der Welt
Denk daran, die Welt erschließt sich uns nicht unmittelbar. Dazwischen steht die Beschreibung der Welt. Genaugenommen sind wir also steht’s einen Schritt weit von ihr entfernt, und unsere Erfahrung der Welt ist steht’s eine Erinnerung an die Erfahrung. Immerfort erinnern wir uns an den Augenblick, der soeben geschehen und vorüber ist.

Die Beweglichkeit des Kriegers
Ein Krieger muß beweglich sein und sich harmonisch mit der ihn umgebenden Welt verändern, sei es die Welt der Vernunftoder die Welt des Willens. IV 122

Brechen der Ketten
Das Brechen der Ketten ist herrlich, aber oft sehr unerwünscht, denn niemand will frei sein. – Sie halten uns zwar gefangen, aber indem sie uns auf dem angenehmen Platz unserer Selbstbetrachtung festhalten, schützen sie uns vor den Angriffen des Unbekannten VIII 95

Demut des Kriegers
Ich sagte ihm, ich fühle mich wertlos und sollte vielleicht nach Hause fahren, um wiederzukommen, wenn ich mich stärker fühlte. “Du redest Unsinn” fuhr er mich an. Ein Krieger nimmt sein Los auf sich, was es auch sei, und akzeptiert es in äußerster Demut. Er akzeptiert demütig, was er ist, und dies ist ihm kein Anlaß zu bedauern, sondern eine starke Herausforderung. Jeder von uns braucht Zeit, um diesen Punkt zu verstehen und ihn voll zu erleben. Ich zum Beispiel haßte früher die bloße Erwähnung des Wortes >Demut<. Ich bin ein Indianer, und wir Indianer sind seit jeher demütig und haben nie etwas anders getan, als den Kopf zu beugen. Ich meinte Demut sei nichts für einen Krieger. Ich irrte mich! Heute weiß ich das die Demut eines Kriegers nicht die Demut eines Bettlers ist. Der Krieger beugt den Kopf vor niemanden, aber gleichzeitig erlaubt er es keinen anderen, seinen Kopf vor ihm zu beugen. Der Bettler hingegen fällt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auf die Knie und leckt jedem, den er für höher erachtet als sich selbst, die Stiefel; zugleich aber erwartet er, daß ein Geringerer als er ihm die Stiefel leckt. Deshalb sage ich dir heute auch schon, daß ich nicht verstehe, wie die Meister des Ostens, die Gurus sich fühlen. Ich kenne nur die Demut eines Kriegers, und diese wird mir nie erlauben der Meister eines anderen zu sein. IV 27

Ein Krieger akzeptiert in Demut was er ist. IV 64

Der innere Dialog
Ich sage dir ja, der innere Dialog ist das, was uns begründet. Die Welt ist so oder anders beschaffen, nur weil wir uns vorsagen, daß sie so oder anders beschaffen ist. IV 21

Dummheit

Gewiß haben wir eine dunkel Seite, sagte Don Juan. Wir töten mutwillig, nicht wahr? Wir verbrennen Menschen im Namen Gottes. Wir zerstören uns selbst. Wir löschen das Leben auf diesen Planeten aus. Wir verwüsten die Erde. Dann schlüpfen wir in einen Talar- und Gott der Herr spricht unmittelbar mit uns. Und was sagt der Herr? Er sagt, wir sollen brave Jungen sein, sonst wird er uns bestrafen. Seit Jahrhunderten droht uns der Herr, und wir kümmern uns nicht darum. Nicht etwa, weil wir böse sind, sondern weil wir blöde sind. Der Mensch hat eine dunkle Seite, jawohl. Man nennt sie Dummheit. VIII 246

Erwarten

Erwarte nicht, aber höre nie auf zu wollen.

Einsichten

Hüte dich vor denen, die über ihre Einsichten Tränen vergießen, denn sie haben nichts erkannt.

Entscheidungen

Als Faustregel für den Krieger gilt, daß er seine Entscheidungen so sorgfältig treffen muß, daß nichts was sich aus ihnen ergeben mag, ihn überraschen, und erst recht nicht seine Kraft erschöpfen kann. IV 172

In einer Welt, wo der Tod der Jäger ist, da ist keine Zeit für Reue oder Zweifel. Da ist nur Zeit für Entscheidungen.

Eigendünkel

Die Selbstsucht ist ein wahrer Tyrann. Wir müssen unaufhörlich auf ihren Sturz hinarbeiten. VIII 81

Sobald die Ketten der Selbstbetrachtung zerrissen sind, sind wir nicht mehr an die Sorgen der Alltagswelt gefesselt. Wir sind noch immer in der Alltagswelt, aber wir gehören nicht mehr dazu. Um dazu zu gehören, müßten wir die Sorgen der Leute teilen, und ohne Ketten können wir es nicht. Als Durchschnittsmensch haben wir alle ein gemeinsames Merkmal, einen symbolischen Dolch, die Sorgen unserer Selbstbetrachtung. Mit diesem Dolch schneiden wir uns blutig. Die Ketten unserer Selbstbetrachtung geben uns das Gefühl, als bluten wir gemeinsam, als teilten wir mit anderen Menschen etwas Wunderbares: Unsere Menschlichkeit. Bei genauerer Prüfung aber entdecken wir, daß wir allein bluten und das wir überhaupt nichts gemeinsam haben; daß wir uns in unserem manipulierbaren, unwirklichen und von Menschen gemachten Selbstbild spiegeln. Hat man die Einheit ereicht, lebt man nicht mehr in der Welt der alltäglichen Sorgen und ist nicht mehr Opfer seiner Selbstbetrachtung. VIII 96

Wenn man sich wichtig nimmt wird man schwerfällig, unbeholfen und eingebildet. Ein Wissender muß leicht und beweglich sein. II 12

Die Erdelieben

Nur wenn man diese Erde mit unerschütterlicher Leidenschaft liebt, kann man sich von seiner Traurigkeit befreien Ein Krieger ist immer fröhlich, weil seine Liebe unwandelbar ist und weil seine Geliebte, die Erde, ihn umarmt und ihn mit unvorstellbaren Gaben beschenkt. Die Traurigkeit ist nur bei denen, die gerade das hassen, was ihrem Dasein Obdach gibt. Dieses liebliche Wesen, das bis in den letzten Winkel lebendig ist und jedes Gefühl versteht, besänftigte mich, es heilte mich von meinem Schmerz, und schließlich, als ich meine Liebe zu ihm ganz begriffen hatte, lehrte es mich Freiheit. Nur die Liebe zu diesem strahlenden Wesen kann dem Geist eines Kriegers Freiheit geben, und Freiheit ist Freude, Tüchtigkeit und Unerschrockenheit im Angesicht von Widrigkeiten.

Sich Gehenlassen

Sich etwas zu versagen ist bei weitem die schlimmste Form des Sichgehenlassens, es zwingt uns zu glauben, wir täten große Dinge, während wir in Wirklichkeit nur auf uns selbst fixiert sind. II 125

Der Weg mit Herz

Ist es ein Weg mit Herz? Wenn er es ist, ist der Weg gut; wenn er es nicht ist, ist der Weg nutzlos. Beide Wege führen nirgendwo hin, aber einer ist der des Herzens, und der andere ist es nicht. Auf einem ist die Reise voller Freude und solange du ihm folgst, bist du eins mit ihm. Der andere wird dich dein Leben verfluchen lassen. Der eine macht dich stark, der andere schwächt dich. I 88

Für mich gibt es nur ein Reisen auf Wegen, die Herz haben, auf jedem Weg reise ich, der vielleicht ein Weg ist, der Herz hat. Dort reise ich, und die einzige lohnende Herausforderung ist, seine ganze Länge zu gehen. Und dort reise ich und sehe und sehe atemlos. I 151

Herausforderungen eines Kriegers

Ein Krieger darf nichts bereuen und sich über nichts beklagen. Sein Leben ist eine immerwährende Herausforderung, und Herausforderungen sind weder gut noch schlecht. Herausforderungen sind einfach Herausforderungen. IV 120

“Der Grundlegende Unterschied zwischen einem normalen Menschen und einem Krieger ist, daß der Krieger alles als Herausforderung annimmt” fuhr er fort, “während der normale Mensch alles entweder als Segen oder Fluch auffaßt.” IV122

Kenntnis des geistigen Inventars

Der Mensch ist immer auf ein geistiges Inventar angewiesen. Die Kenntnis der Zu- und Abgänge bei einem bestimmten Inventar- das ist´s was einen Menschen zum Schüler oder zum Meister in seinem Fach macht. VIII 162

Der Kampf des Lebens

Für mich gibt es keinen Sieg und keine Niederlage und keine Leere. Alles ist voll bis zum Rand, und alles ist gleich, und mein Kampf lohnt sich für mich. Um ein Wissender zu werden, muß man ein Krieger sein, kein wimmerndes Kind. Man muß kämpfen, ohne aufzugeben, ohne zu klagen und ohne zurückzuweichen, bis man sieht,nur um zu erkennen, daß nichts wichtig ist. II 77

Kontrollierte Torheit

Ein Wissender wählt den Weg mit Herz und folgt ihm, dann schaut er und freut sich und lacht; dann siehter und weiß. Er weiß, daß sein Leben ohnehin gar zu bald enden wird. Er weiß, daß er, wie jeder andere auch, nirgendwo hingeht. Weil er sieht, weiß er, daß nichts wichtiger ist als alles andere. Mit anderen Worten, ein Wissender hat keine Ehre, keine Würde, keine Familie, keinen Namen, kein Land- sondern nur ein Leben, daß er leben muß. Und unter diesen Bedingungen ist seine einzige Verbindung zu seinen Mitmenschen die kontrollierte Torheit. Darum müht sich ein Wissender und schwitzt und plagt sich ab, und wenn man ihn anschaut, dann ist er wie jeder gewöhnliche Mensch, nur daß er die Torheit seines Lebens unter Kontrolle hat.